Scheiss drauf, es geht auch ungekaemmt! Oder auch: die Sichtweise macht´s schoen. 

Neulich zeigte mir eine (alleinstehende, kinderlose) Coaching-Kollegin ihre absolut perfekten Fotos für ihre neue Homepage. Sie hatte während des gesamten Shootingtages ein Stylisten- und Fotografenteam um sich herum, welches ihr zuvor sogar die perfekten Klamotten einkaufte. „Wow, was für tolle Bilder, die Investition wars wert“, dachte ich. Und: „das bestätigt mich darin, meine -bereits geplanten- Fotos für meine Webseite schießen zu lassen.“

Gesagt, getan. Aber puh… ich sags euch, das Shooting für die Bilder meiner Homepage war soooooo #momslife und keineswegs so perfekt wie das meiner lieben Kollegin. Es war so dermaßen authentisch, so echt, mit keiner Möglichkeit sich perfekter darzustellen, als die alltägliche Realität es erlaubt. Auf der einen Seite stand ich als Modell in Elternzeit, im Hintergrund meine knapp über 1-jährige Tochter. Auf der anderen Seite stand die Fotografin und gute Freundin von mir, im Hintergrund ebenso mit ihrer knapp über 1-jährigen Tochter. Dazwischen irgendwo ein Hund und ein Mann.

Wir sind zunächst entspannt und alle zusammen mit gutem Frühstück in den Shootingvormittag gestartet. Da ich es zeitlich am frühen Morgen nicht mehr schaffte mich fertig zu stylen, wollte ich nach dem Frühstück „mal schnell noch“ die Haare übers Glätteisen aufdrehen, während die Fotografin im Haus schonmal ein paar Gegenstände fotografierte und nach der Belichtung schaute. Wir wollten keine Zeit verlieren, da wir wussten, die Kinder würden in maximal drei Stunden müde werden. Die Sache mit „nur mal schnell noch“, ist ja bekanntlich die, dass es nicht schnell klappt. Also drehte ich mir meine Haare nur grad einseitig zur Seite weg, da die Frisur nicht sitzen wollte. „Nicht so schlimm, irgendwie passt es dazu, dass ich kein farblich passendes Outfit zu meinen Brandingfarben habe“, dachte ich und: „dadurch werde ich nicht weniger professionell, sondern authentisch wirken“. Und damit legte ich völlig entspannt den ersten kleinen Teil meines Perfektionismus für heute ab. Ich erahnte noch nicht, wie viel davon ich heute noch ablegen würde…

Dann ging das Shooten los. Wir starteten draußen im völlig unaufgeräumten Garten, wo die Fotografin tatsächlich noch ein schönes Plätzchen für mich fand, während die Kinder drinnen an der Wohnzimmerscheibe hingen und ihre Hände und Nasen dagegen drückten, um uns zu beobachten. Sie klopften gegen die Scheibe und winkten uns zu. Irgendwo dazwischen wuselte auch unsere Hündin herum und presste ab und an die kalte, nasse Schnauze ans Fenster. Dieses wurde zudem ausgiebig mit den Zungen erkundet, sowohl von den Kindern als auch vom Hund. Von der Situation mit den Kleinen wurde selbstverständlich auch ein Foto geschossen. Denn wir Mamis finden unsere Mäuse eben immer so süß, dass wir am liebsten jeden Moment festhalten und konservieren würden. Auch, wenn sie das Fenster abschlecken. Dieses Foto wäre sicherlich super geworden, wenn die Scheibe nicht so dreckig und verschmiert gewesen wäre, dass man die Kinder nur noch verschwommen dadurch sehen konnte.

Keine Sorge, die Girls waren nicht unbeaufsichtigt im Haus. Mein Mann erklärte sich bereit, etwas auf die zwei Kleinen aufzupassen, damit wir Mamis der Arbeit nachgehen können. Allerdings klappte das nur bedingt, denn einerseits hatten unsere Töchter andere Pläne, andererseits dachte mein Mann wohl, das Shooting sei mal schnell in 30-60 Minuten beendet, sodass er aufgrund seines vollen Terminplanes etwas ungeduldig wurde. Hier hätte ich vorher klarer kommunizieren müssen. Er schlug sich dennoch wacker und letztlich auch langatmig mit beiden, bis die zwei sich dann sehr einvernehmlich dazu entschieden, viel lieber ganz nah bei den Mamis dabei sein zu wollen. Es war immerhin spannend für sie, was wir da so machten. So ging es mit den Indoorbildern im Haus weiter, während die Kinder im Hintergrund alles räumten, was es zu räumen gab. Auf vermutlich jedem zweiten Bild, sieht man einen umgekippten, grünen Plastikstuhl, einen Hundepopo, Spielzeug oder ausgeräumtes Equipment herumfliegen. Zwischen Knatscherei, Stillerei, Spielerei und Räumerei und ab und an einem Mann, der verhinderte, dass es größere Verletzungen geben könnte -also im ganz normalen Wahnsinn- entstanden somit die restlichen Fotos. Manchmal hing ein Kind an meinem Bein, während ein Portrait von mir geschossen wurde.

Im Laufe des Shootings verabschiedete ich mich Step by Step von der Illusion von Bildern von mir, mit perfekt sitzenden Haaren und Make-Up, über „nur mal schnell kämmen und Nachpudern reicht“ hin zu „scheiß drauf, es geht auch ungekämmt“, da die Bürste nicht mehr auffindbar war. (Ebenso übrigens ein Teil der Kamera der Fotografin, welches mein Mann später unter dem Sofa fand.) Zeit für den Blick in den Schminkspiegel hatte ich ohnehin nicht mehr, da meine Tochter immer unruhiger und müder wurde und nach ganz viel Mama verlangte.

Gegen Ende versuchte ich durchzuatmen und noch ein, zwei Fotos in einer mediativen Sitzhaltung zu machen. Die zwei Mädels spielten inzwischen mit meinem Repertoire an Heilsteinen, Schmuck und Zimmerpflanzen um mich herum. Ich versuchte mich kurz auf meinen Atem zu konzentrieren und in meine meditative Pose zu finden. Ich schmiss der Fotografin noch die Worte entgegen: „aber nicht die Beine aufs Bild, die sind unrasiert“ und dachte kurz daran, wie ich früher stundenlang für solch ein Shooting im Bad verbracht hätte, denn dann hätte ich mich erst schön genug gefühlt. In diesem Moment konnte ich jedoch nur noch schmunzeln und leicht erschöpft lachen, da ich gerade etwas zu spielen versuchte, was gar nicht in die Situation passte. 

Ich schaute mich kurz um, beobachtete meine Fotografenfreundin, wie sie mit dem Vorhang kämpfte, während sie auf dem Sofa vorm Fenster herumkletterte, um eine einigermaßen gute Belichtung fürs nächste Bild einzufangen. Ich sah unsere Töchter, wie sie fröhlich im Chaos um mich herum spielten. Eine von beiden bewegte sich mit genüsslichem Blick auf die Blumenerde zu. Ich betrachtete schlichtweg kurz bewusst das chaotische Geschehen um mich herum, während ich auf dem Boden mittendrin saß. Ich sah meinen erschöpften Mann, der inzwischen fast aufgegeben hatte, die zwei Kleinen immer mal wieder abzulenken und zu bespaßen und der darauf wartete, dass ich ihm diesbezüglich Feierabend erteilte. Und in dem Moment konnte ich nicht anders als schmunzeln und lachen, mich dem puren Chaos hingeben, den Moment einfach lieben und aufsaugen wie er war und den Wunsch nach äußerem Perfektionismus in diesem Moment aufgeben, um das wahre Leben innerlich als perfekt zu spüren. Ich versuchte nur noch einmal -erfolglos- tief und entspannt fürs Foto zu atmen, lachte dabei in mich hinein und so entstand dieses Bild. Die Beine sind, wie ihr sehen könnt, übrigens doch auf dem Bild gelandet und das ist überhaupt nicht schlimm.

Und ich liebe das Foto. Es hält die Erinnerung an ein unvergessliches Shooting fest. Erst dachte ich: „nächstes Mal organisieren wir´s dann anders“. Und ja, vielleicht machen wir das. Eine andere Organisation macht es evtl. einfacher. Aber ganz ehrlich? Eigentlich war es perfekt so. Nie wieder werden die Mädels so klein sein, uns so nah sein wollen, so selbstverständlich Interesse und Lernbegeisterung zeigen. Also lassen wir das doch einfach zu. Es ist unglaublich toll und wertvoll, wenn unsere Töchter unsere Herzensprojekte und leidenschaftliche Arbeit von Anfang an miterleben können. Das ist ein Privileg, dass nur wenige Kinder so hautnah erfahren. Lasst uns zudem doch das Chaos einfach mal in Liebe genießen und uns bewusst werden, dass wir genau diese Momente später mal vermissen werden und sie in guter Erinnerung behalten. Lasst uns einfach mal mitten im Chaos sitzen, bewusst wahrnehmen und große Liebe dabei verspüren.

Somit habe ich jetzt schöne Bilder, mit unperfektem, aber authentischem Look, authentischer Ausstrahlung aus dem Moment heraus. Und sie spiegeln wieder, dass ich meine Arbeit als Coach liebe und mir die Zeit dafür unglaublich gerne nehme, aber meine noch so kleine Tochter eben immer Priorität hat, wenn die Situation es verlangt. Perfektionismus aus, Flexibilität und vor allem ganz viel Liebe und Realität on. Wie immer: der Blickwinkel und die Einstellung geben den Takt vor.

Hut ab an Barbara Spoo, wie du einfach in den Situationen so fokussiert warst und top Bilder geschossen hast. Ich mag die Fotos so sehr. Ich erinnere mich gerne an witzige, gemeinsame Momente aus unserem Mami-Businessleben. Und ich liebe das #momslife.

Schaut gern mal bei Barbara vorbei: www.barbara-spoo.de.

Von Herzen,

Christina